www.impfbrief.de

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20.02.2017

Masern-Postexpositionsprophylaxe: Anwendungshinweise der STIKO

Mit einem Flussdiagramm zum Vorgehen nach Masernkontakt und detaillierten Erläuterungen stellt die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) praxisnahe Handlungsempfehlungen für die Masern-Postexpositionsprophylaxe zur Verfügung. Risikogruppen wie Schwangere, Immunsupprimierte und Säuglinge im Alter von unter 9 Monaten werden gesondert betrachtet.
Bemerkenswert ist die Aussage, dass in Immunglobulinen heutzutage mit einem geringeren Gehalt an Masernantikörpern gerechnet werden muss als in der Vorimpfära. Daraus resultiert ein Richtwert von 400mg/kg Körpergewicht. Das zu verabreichende Volumen kann groß sein. Weitere Informationen: Epi Bull 2/2017   (HTR)

Letzte Änderung: 2017-02-20 11:59:38

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20.02.2017

Schweiz führt Pertussisimpfung für Schwangere ein

Schwangeren in der Schweiz wird jetzt eine Impfdosis Tdap empfohlen, bevorzugt im 2. Trimester (13.–26. SSW) - und zwar unabhängig vom Zeitpunkt etwaiger Vorimpfungen gegen Pertussis.

Ziel ist, Neugeborene via mütterliche Antikörper besserer zu schützen. Außerdem wird allen Jugendlichen und Erwachsenen (z.B. ältere Geschwister, Großeltern, medizinisches Personal) mit regelmäßigem engem Kontakt zu Säuglingen im Alter unter 6 Monaten alle 10 Jahre eine Auffrischimpfung gegen Pertussis empfohlen.

Die Empfehlungen der Eidgenössischen Kommission für Impffragen - der schweizerischen Entsprechung der STIKO - werden turnusmäßig zu Jahresbeginn überarbeitet.

Am 11. Januar 2017 hat der schweizerische Bundesrat zudem eine nationale Strategie zu Impfungen (NSI) verabschiedet. In der offiziellen Verlautbarung dazu wird erläutert, dass die NSI Teil der Strategie «Gesundheit 2020» des Bundesrates sei. Sie sehe eine Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und anderen Akteuren vor und werde unter anderem mit der Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) koordiniert. Der Plan zur Umsetzung der verschiedenen Massnahmen der NSI werde 2017 erstellt. (HTR)

Letzte Änderung: 2017-02-20 12:02:04

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10.03.2017

54 Lehrer: Schulfrei wegen mangelndem Masernschutz

"Anschauungsunterricht" zu Masernschutz in Höchst
 
Wie das Höchster Kreisblatt gestern berichtete, sind am Tag zuvor 54 von 123 Lehrer der Main-Taunus-Schule vorläufig nach Hause geschickt worden, da ihr Impfschutz gegen Masern entweder unzureichend oder unklar war. Gleiches galt für 147 von 1.517 Schülern sowie weiteres Personal. Anlass, die Impfpässe zu überprüfen, war eine an Masern erkrankte Unterstufenschülerin. Für den Schulbetrieb kommt jetzt erschwerend hinzu, dass ab 16. März die Abiturarbeiten geschrieben werden.
 
Das Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass auch Erwachsene (Lehrer!), die nach 1970 geboren wurden, ihren Impfschutz prüfen lassen. (HTR)
 
Weiterführende Links:
http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Masernfaelle-an-Hoechster-Schule;art675,2442034
https://www.mtk.org/Rund-150-Schuler-und-50-Lehrer-heimgeschickt-4916.htm

Update 10.3.2017: 50 Lehrer und 92 Schüler müssen tatsächlich zu Hause bleiben, 10. Klassen haben eine Woche schulfrei.

Letzte Änderung: 2017-03-10 09:10:04

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21.03.2017

Aus für Rabattverträge

Wie die Deutsche Apothekerzeitung (DAZ) am 17. März 2017 berichtete, beendet das jüngst beschlossene Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) die Praxis exklusiver Verträge der Krankenkassen mit pharmazeutischen Herstellern ("Rabattverträge").

Das AMVSG wird voraussichtlich im April im Bundesgesetzesblatt verkündet und tritt damit sofort in Kraft. Dann könnten neben den rabattierten Impfstoffen auch alle anderen Impfstoffe über die Kassen abgerechnet werden. Laufende Verträge dürften nicht verlängert werden, auch wenn sie eine solche Option vorsähen. Allerdings gebe es wohl Verträge, die noch bis zur Saison 2018/2019 laufen, in Niedersachsen sogar bis 2019/2020.

Das Bundesgesundheitsministerium stellte laut DAZ klar: Die Kassen müssen die verordneten Impfstoffe erstatten, soweit die Leistung im Rahmen der Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses erfolgt. Das Ministerium gehe davon aus, dass die Krankenkassen sich weiterhin dafür einsetzen werden, dass rabattierte Impfstoffe zur Anwendung kommen. Wie dies allerdings genau geschehen könnte, bleibe offen. (HTR)

Weiterführende Links:
http://impfbrief.de/index.php?nav=30&uunav=901

Kommentar

Ein großer Kritikpunkt an Rabattverträgen, die Verordnung suboptimaler Impfstoffe, wie z.B. trivalenter Influenzaimpfstoff statt quadrivalenter für Risikogruppen, oder Versorgungsengpässe wenn ein Vertragspartner plötzlich ausfällt, wird damit rückgängig gemacht. (HTR)

Letzte Änderung: 2017-03-21 09:15:56

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30.03.2017

PEI zu Narkolepsie und Autismus

In dem ersten Bulletin zur Arzneimittelsicherheit des Jahres wertet das Paul-Ehrlich-Institut traditionell die Verdachtsmeldungen auf bleibende Schäden nach Impfungen aus. In der heute erschienenen Ausgabe 1/2017 liegt das besondere Augenmerk auf den Themen Autismus nach Masernimpfung, Narkolepsie nach Impfung mit Pandemrix, FSME-Impfung und HPV-Impfung sowie Darminvagination nach Rotavirusimpfung.

Unter anderem berichtet das Paul-Ehrlich-Institut über eine retrospektive multizentrische gematchte Fall-Kontroll-Studie. Sie hatte zum Ziel, Risikofaktoren für Narkolepsie in Deutschland zu identifizieren. Dazu wurden 103 validierte Fälle von Narkolepsie (Alter Median 18,8 Jahre, Spannweite 6,0–55,1 Jahre) mit 264 populationsbasierten Kontrollen (Alter Median 17,3 Jahre, Spannweite 5,3–55,2 Jahre) gematcht. Es zeigte sich, dass Studienteilnehmer, die gegen die pandemische Influenza A / H1N1 / v geimpft worden waren, gegenüber nicht geimpften Studienteilnehmern ein signifikant um das 4,5fache erhöhtes Risiko hatten, an Narkolepsie zu erkranke. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit den Resultaten anderer europäischer Studien. (HTR)

Weiterführende Links:
http://impfbrief.de/index.php?nav=30&uunav=975
http://impfbrief.de/index.php?nav=30&uunav=976
http://impfbrief.de/index.php?nav=30&uunav=815

Letzte Änderung: 2017-03-30 12:32:06

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21.04.2017

Masernschutz in meinem Landkreis

"Wie viele Menschen in meinem Landkreis sind gegen Masern geimpft?" Diese Frage stellt sich spätestens, wenn in einem Kindergarten oder einer Schule ein Masernfall aufgetreten ist. Denn danach entscheidet sich, wie groß das Risiko für Folgefälle in der eigenen Umgebung ist. Jetzt sind die Impfquoten in verschiedenen Altersgruppen online einsehbar.

Die interaktive "VacMap" des Robert Koch-Instituts zeigt für Kinder ab Jahrgang 2004 bis - derzeit - Jahrgang 2013 für jedes Bundesland und jeden Landkreis die Impfquoten mit einer oder zwei Masernimpfungen im Alter von 15 Monaten bis 6 Jahren. Für die ersten Jahrgänge bis 2007 lagen noch nicht aus allen Bundesländer Daten vor. Am wichtigsten sind jedoch die aktuellen Impfquoten mit zwei Impfdosen im Alter von 24 Monaten.  2015 (d.h. Jahrgang 2013) lagen diese im Bundesdurchschnitt bei nur 73%, Ziel sind 95%.

Der Nationale Aktionsplan zur Elimierung der Masern und Röteln in Deutschland sieht ab 2018 konkrete Impfziele für jeden Landkreis vor: 95% Durchimpfung in 90% der Landkreise. VacMap ermöglicht schon jetzt jedem Bundesbürger, jeder niedergelassenen Arztpraxis und jedem Gesundheitsamt dieses Impfziel unmittelbar zu prüfen.

VacMap nutzt als Datengrundlage die KV-Impfsurveillance. Die KV-Impfsurveillance wird vom Robert Koch-Institut koordiniert und gemeinschaftlich mit allen Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführt. In der KV-Impfsurveillance wird der Impfstatus aus ambulanten Abrechnungsdaten der gesetzlich Krankenversicherten ermittelt. (HTR)

Kommentar

Visuelle Medien sind sehr wertvolle Argumentationshilfen im Impfwesen. Je näher etwas der eigenen Haustür kommt, umso größer die Chance, das eigenes Handeln in Gang gesetzt wird. Das Ranking der Bundesländer nach Impfquoten könnte alle Beteiligten zusätzlich motivieren.

Wünschenswert wäre natürlich, dass die Frage nach dem Impfstatus schon gestellt würde, bevor es konkreten Anlass dazu gibt - und zwar die nach dem eigenen Impfschutz zuerst. (HTR)

Letzte Änderung: 2017-04-21 10:55:48

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22.04.2017

Aufklärungsmaterial zur Europäischen Impfwoche 2017 – Impfungen wirken

Aus Anlass der Europäischen Impfwoche (24. -30. April 2017) haben wir für Sie eine Liste neuer und bewährte Materialien zur Impfaufklärung zusammengestellt. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) schaltet in dieser Woche bundesweit den Kinospot zur Masern-Kampagne "Deutschland sucht den Impfpass". Er kann unter www.impfen-info.de online eingesehen werden. Außerdem hat die BZgA zwei neue Erklärvideos online gestellt:

  • Der Film „Masern-Impfempfehlung für Kinder“ spricht Eltern von kleinen Kindern mit der Botschaft an, rechtzeitig an die beiden Masern- bzw. MMR-Impfungen im Kindesalter zu denken und verpasste Impfungen möglichst bald nachzuholen. 

  • Der Film „Masern-Impfempfehlung für Erwachsene“ wendet sich an nach 1970 Geborene, um über die Masern-Impfempfehlung für Erwachsene zu informieren und zu einem Impfcheck zu motivieren.

  • Der Basisvortrag „Impfen schützt“ richtet sich an Multiplikatoren in Schule, Kindergarten, Volkshochschule, Elternkursen etc. er wurde gemeinsam von der BZgA, dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), dem Paul-Ehrlich Institut (PEI) sowie dem Robert-Koch-Institut (RKI) gemeinsam entwickelt. Ziel des Vortrages ist, die Bevölkerung zum Thema Impfen zu informieren und mit ihr verstärkt ins Gespräch zu kommen.

  • Über das neue Merkblatt mit einfachen Tipps zum stress- und schmerzarmen Impfen, die auf den aktuellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Ständigen Impfkommission (STIKO) basieren, hatten wir bereits berichtet (Impfbrief 6. April 2017)

  • Umfangreiches Material z.B. zur Abgabe an Patienten rund um Impfungen kann außerdem der Mediendatenbank entnommen werden (www.impfen-info.de/mediathek/mediendatenbank/)

  • Bereits rund 10.000 Nutzer hat die im vergangenen Jahr herausgegebene„STIKO-App“, deren Herzstück ist der interaktive Impfcheck: Nach Eingabe von Alter, Geschlecht und Impfhistorie des Patienten wird dessen Impfstatus überprüft, noch ausstehende Impfungen identifiziert und Empfehlungen zum Schließen bestehender Impflücken gegeben. Außerdem enthalten sind die Fachinformationen aller Impfstoffe, Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Impfungen sowie die RKI-Ratgeber für Ärzte zu impfpräventablen Erkrankungen sowie eine News-Feed-Funktion.

  • Die interaktive "VacMap" des Robert Koch-Instituts zeigt für Kinder ab Jahrgang 2004 bis - derzeit - Jahrgang 2013 für jedes Bundesland und jeden Landkreis die Impfquoten mit einer oder zwei Masernimpfungen im Alter von 15 Monaten bis 6 Jahren.

  • Eine Übersicht zu fremdsprachigem Material für Asylbewerber und Ärzte hatten für Sie im Oktober 2015 zusammengestellt.

  • Ein Check zu eventuell fehlenden Impfungen für junge Eltern kann z.B. bei der Schuleingangsuntersuchung, bei Impfberatungen vor Aufnahme eines Kindes in eine Kinderbetreuungseinrichtung oder in ähnlichen Situationen, wie z. B. bei den Vorsorge-Untersuchungen bei Kinderärzten, an die eigene Situation angepasst und routinemäßig eingesetzt werden: https://zenodo.org/record/18522

  • Die US-amerikanische Immunization Action Coalition hat einen Fragebogen zu Kontraindikationen entwickelt, der Impfärzte unterstützt. Der Impfbrief hat ihn für Sie übersetzt und aus den STIKO-Empfehlungen und den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin ergänzt: Impfbrief Juni 2016

(HTR)

Letzte Änderung: 2017-04-22 17:55:09

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27.04.2017

Aktuelle Karte mit FSME-Risikogebieten online

Turnusmäßig hat das Robert Koch-Institut eine Karte mit den Risiko­gebieten für Frühsommer-Menongoenzephaltitis (FSME) in Deutschland veröffentlicht (Epi Bull 17/2017). Gegenüber dem Vorjahr gab es keine Veränderungen, es sind weiterhin 146 Kreise betroffen.
Das größte Risiko für eine FSME-Infektion besteht weiterhin vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, in Südhessen und im südöstlichen Thüringen. Einzelne Risikogebiete befinden sich außerdem in Mittelhessen (LK Marburg-Biedenkopf ), im Saarland (Saar-Pfalz-Kreis), in Rheinland-Pfalz (LK Birkenfeld), im LK Vogtlandkreis in Sachsen.

In den FSME-Risikogebieten wird allen Personen, die Kontakt zu Zecken haben könnten, die FSME-Impfung empfohlen. (HTR)

Letzte Änderung: 2017-04-27 14:54:41

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20.05.2017

Italien beschließt Impfpflicht

Italien hat gestern (19.5.2017) ein Gesetz zur Impfpflicht beschlossen. Wie es in einer Meldung der Tagesschau dazu heißt, umfasst sie 12 Krankheiten. Nicht geimpfte Kinder im Alter bis zu sechs Jahren würden künftig nicht in Krippen, Kindergärten oder Vorschulklassen aufgenommen. Die Eltern schulpflichtiger Kinder ab sechs Jahren, die nicht geimpft sind, müssten hohe Bußgelder zahlen. Anlass für das Gesetz sei die aktuelle Masernepidemie.

Wie das ECDC berichtet, sind in Italien seit 1. Januar 2017 bis zum 14. Mai 2.395 Masernfälle aufgetreten, darunter 197 bei medizinischem Personal. Fast drei Viertel der Fälle (73%) sind älter als 15 Jahre. 89% waren ungeimpft, 7% hatten nur eine Impfdosis erhalten.

Impfpflicht? Erst Hausaufgaben machen!

Wie Peter Lang (BZgA) im Rahmen der 5. Nationale Impfkonferenz (10.-11. Mai 2017) berichtete, hat die die Zustimmung zu Impfungen in der Allgemeinbevölkerung seit 2012 zugenommen. Im Jahr 2012 standen 61% "Impfungen im Allgemeinen" befürwortend gegenüber, 2016 waren es 77%. Erstklässler haben inzwischen zu über 90% die meisten der empfohlenen Impfungen erhalten und selbst die Impfquoten gegen Hepatitis B, Meningokokken C, Pneumokokken und Windpocken liegen über 80%. Gleichzeitig ist der Anteil derer, die Impfungen insgesamt ablehnend gegenüberstehen von 4 auf 2% gesunken. Die positive Entwicklung des vergangenen Jahrzehnts würde durch eine Impfpflicht wieder auf"s Spiel gesetzt:

  • Die Impfpflicht sorgt keineswegs automatisch für dauerhaft hohe Impfraten, sie kann sogar das Gegenteil bewirken (Impfbrief Juli 2009, Impfbrief November 2013)
  • Unzureichende Impfquoten liegen keineswegs hauptsächlich an den Eltern (Impfbrief Mai 2008).
  • Die Impfpflicht ist ein starker Eingriff in die Rechte des Individuums, dem ein entsprechend hohes Interesse der Allgemeinheit gegenüberstehen muss. Daher müssen erst andere, weniger invasive Maßnahmen ausgeschöpft sein (Impfbrief Juli 2013), z.B.:
  • Durch eine einfache Einladung zur J1 konnten in Brandenburg die Impfraten Jugendlicher substanziell erhöht werden (Impfbrief März 2013; Abbildung 3).
  • Wird allein der Arzt an Impfungen erinnert, können die Impfraten für mindestens eine Maserndosis bei Patienten von Hausärzten um ca. 20% (bei 18- bis 25-Jährigen) und ca. 100% (bei 30 bis 40-Jährigen) gesteigert werden (Impfbrief April 2013).
  • Diese und zahlreiche andere Maßnahmen, die im deutschen Impfwesen außer einer Impfpflicht möglich wären, erläutern der Nationaler Impfplan und der Nationale Aktionsplan zur Elimination der Masern und Röteln.

Eine ausführliche Darstellung dieser Argumente finden Sie auch im Editorial des Impfbrief vom Juli 2013. Zur Diskussion siehe auch http://faktenfinder.tagesschau.de/impfgegner-103.html und

http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2017/05/01/die-fdp-die-eigenverantwortung-und-die-impfpflicht/
(HTR)

Letzte Änderung: 2017-05-20 08:46:52

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23.05.2017

Mutter von 3 Kindern stirbt an Masern

Wie die Pressestelle der Stadt Essen mitteilte, ist am vergangenen Wochenende im Universitätsklinikum Essen eine 37-jährige Mutter von drei Kindern an den Komplikationen der Masern verstorben. Sie hatte als Kind [Anm. d. Red.: wie viele ihres Jahrgangs] nur eine Masernimpfung erhalten.

"Masern sind keine harmlose Kindererkrankung, sondern können bei Kindern zu Hirnhautentzündungen und bei Erwachsenen zu beispielsweise Lungenentzündung führen", so der Essener Gesundheitsdezernent P. Renzel.  "Vor allem im Erwachsenenalter kann es zu Komplikationen kommen. Deshalb ist ein Impfschutz besonders wichtig."
Das Gesundheitsamt Essen rief die Bevölkerung dazu auf, den eigenen Impfschutz zu überprüfen und ggf. einen (Kinder-)Arzt aufzusuchen. Bis zum 1. Juni bietet das Amt Di bis Do 12:30 bis 14.30 eine zusätzliche Impfaktion an.
Es machte außerdem darauf aufmerksam, dass Kinder bereits bei VERDACHT auf Masern Kita oder Schule nicht mehr besuchen sollten.

Bundesweit empfohlen sind zwei Impfungen gegen Masern bis zum Alter von 24  Monaten. Viele Kinder werden jedoch verspätet geimpft (www.vacmap.de/). Impflücken sollten in jedem Alter möglichst umgehend geschlossen werden, ausgenommen sind nur Erwachsene ohne berufliches Ansteckungsrisiko, die 1970 oder früher geboren wurden. Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden und die nur eine Impfung erhalten hatten oder deren Immunstatus unklar ist, sollten sich impfen lassen. Kleiner Selbst-Check: www.impfen-info.de/impfcheck/

Beachten Sie auch unseren Masernticker, der für alle Besucher frei zugänglich ist.

(HTR)

Letzte Änderung: 2017-05-23 09:27:33

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26.05.2017

Lehren aus 3,5 Jahre Pertussis-Meldepflicht

Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte können viel dazu beitragen, dass verwertbare Daten über Keuchhusten in Deutschland verfügbar sind. Zu diesem Ergebnis kommt ein Workshop, über den das Robert Koch-Institut (RKI) im Epi Bull 21/17 berichtet. Das Wichtigste in Kürze:

  • Trotz noch bestehender Defizite spiegeln die verfügbaren Daten eine hohe Krankheitslast durch Keuchhusten in Deutschland wider.
  • Ein hoher Anteil von Laboren führt die Keuchhusten-Diagnostik nicht nach internationalen Empfehlungen durch. Dies erschwert die Einordnung. Ärzte können dies nachhaltig beeinflussen, indem sie gezielt nur die empfohlenen diagnostischen Tests anordnen.
  • Säuglinge haben ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe und sind besonders stark betroffen. Präventionsmaßnahmen speziell für diese Altersgruppe müssen verstärkt werden. Die STIKO bewertet aktuell die verfügbare Evidenz in Bezug auf die Pertussis-Impfung von Schwangeren. Erst seit Ende 2016 stehen Tdap-Impfstoffe zur Impfung in der Schwangerschaft zur Verfügung.
  • Die Umsetzung der Meldepflicht muss dringend, vor allem in den alten Bundesländern verbessert werden. Sie ist dort noch nicht flächendeckend bei Ärzten und Ärztinnen bekannt und auch das Bewusstsein für die Erkrankung scheint noch niedriger zu sein als in neuen Bundesländern.
  • Bei einem hohen Anteil der übermittelten Keuchhusten-Fälle fehlen Angaben zum klinischen Bild, ohne die jedoch nicht bewertet werden kann, ob die Falldefinition erfüllt ist. Meldende Ärzte und Ärztinnen sollten so vollständig wie möglich die definitionsrelevanten Symptome angeben, um den Ermittlungsaufwand für Gesundheitsämter so gering wie möglich zu halten.

(HTR)

Letzte Änderung: 2017-05-26 09:37:30

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02.06.2017

Meldung fehlender Impfberatungen durch Kitas im Bundestag beschlossen

Gestern, am 1. Juni 2017, hat der Deutsche Bundestag  das "Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten" beschlossen. Auch der Bundesrat muss noch zustimmen. Der frühestmögliche Termin dafür wäre der 7. Juli 2017. Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten.

Das Gesetz schreibt unter anderem vor, dass die Leitung einer Kita dem Gesundheitsamt melden muss, wenn Eltern keinen ärztlichen Beleg für die verpflichtende Impfberatung vorgelegt haben. Die Ärztezeitung vom  31. Mai 2017 kommentierte dazu, dass die Ämter damit auch das bereits im geltenden Infektionsschutzgesetz vorgesehene Bußgeld von 2500 Euro durchsetzen könnten.

Außerdem wird das Robert Koch-Institut im Gesetz beauftragt, ein elektronisches Melde- und Informationssystem zu errichten. Künftig soll von den meldenden Ärztinnen und Ärzten sowie Laboren über die Gesundheitsämter bis zum Robert Koch-Institut eine durchgängig automatisierte Verarbeitung von Meldedaten ermöglicht werden. Es soll spätestens 2021 in Betrieb gehen.

Neu ist auch, dass das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung (mit Zustimmung des Bundesrates) festlegen kann, dass Personen, die in die Bundesrepublik aus Hochrisikogebieten für bestimmte übertragbare Krankheiten einreisen, ein ärztliches Zeugnis darüber vorweisen müssen, dass bei ihnen keine Anhaltspunkte solcher Krankheiten vorliegen.

Neben diesen und anderen Neuerungen wird z.B. die Meldepflicht bei gehäuften Krankenhausinfektionen erweitert, um Übertragungswege noch besser aufklären zu können. (HTR)

Letzte Änderung: 2017-06-02 10:57:06

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23.06.2017

Beweiserleichterung bei vermuteten Impfschäden

Bei Verdacht auf einen Impfschaden liegt die Beweislast in aller Regel beim Geschädigten. Der Europäische Gerichtshof (EU-GH) hat am 21. Juni 2017 entschieden, dass bei fehlendem ursächlichen Zusammenhang bzw. fehlendem wissenschaftlichem Konsens auch ein Bündel an "ernsthaften, klaren und übereinstimmenden Indizien" als Beweis vor nationalen Gerichten zulässig sind. Dieses Prinzip darf nun EU-weit in ähnlichen Fällen angewendet werden.

Konkret ging es um Herrn J.W., der zwischen Ende 1998 und Mitte 1999 mit einem von Sanofi Pasteur hergestellten Impfstoff  gegen  Hepatitis B geimpft wurde. Ab August  1999  traten  bei  Herrn  W.  verschiedene Beschwerden auf, die im November 2000 zur Diagnose einer Multiplen Sklerose führten. Im Jahr 2011 starb Herr W. Bereits 2006 hatten Herr W. und seine Familie Klage gegen Sanofi Pasteur auf Ersatz des Schadens erhoben, der ihm durch den Impfstoff entstanden sei.

Die mit der Rechtssache in Frankreich befasste Cour d’appel de Paris  (Berufungsgericht Paris, Frankreich) stellte u.a. fest, dass es keinen  wissenschaftlichen Konsens gebe, auf den ein ursächlicher Zusammenhang  zwischen der Impfung gegen Hepatitis B und dem Auftreten der Multiplen Sklerose gestützt werden könne. Die Klage wurde deshalb abgewiesen. Auch dagegen wurde Berufung eingelegt.

Das nächste Berufungsgericht (Cour de cassation) fragte beim EU-GH an, ob bei Fehlen eines  wissenschaftlichen Konsenses es auch ausreiche, wenn Geschädigte ein Bündel an Indizien mit bestimmten Eigenschaften vorlegen, um den Fehler eines Impfstoffs und den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff und der Krankheit festzustellen.

Der EU-GH folgte der Argumentation in diesem konkreten Fall. Er entschied, dass die zeitliche Nähe zwischen der Verabreichung eines Impfstoffs und dem Auftreten einer Krankheit, fehlende Vorerkrankungen bei der geimpften Person selbst und in ihrer Familie sowie das Vorliegen einer bedeutenden Anzahl erfasster Fälle des Auftretens der Krankheit nach solchen Verabreichungen gegebenenfalls hinreichende Indizien für die Erbringung dieses Beweises darstellen können.

Aber: Keine Beweisführung durch Vermutung

Der EU-GH führte jedoch auch aus, dass weder der nationale Gesetzgeber  noch die nationalen Gerichte eine Art der Beweisführung durch  Vermutungen einführen könnten, die es gestatte, das Vorliegen eines
ursächlichen Zusammenhangs automatisch zu begründen, wenn bestimmte konkrete, im Voraus festgelegte Indizien vorlägen. (HTR)

Kommentar

Aus Sicht der Naturwissenschaft sträuben sich einem angesichts einer solchen "Beweisführung" die Nackenhaare. Aus der Sicht Betroffener ist es damit etwas leichter geworden, einen vermuteten Impfschaden gerichtlich zu "beweisen". Das mag gesellschaftlich erwünscht sein, ändert jedoch nichts an der bisher bekannten Nutzen-Risiko-Bewertung der Hepatitis-B-Impfung bzw. -Komponente aus wissenschaftlicher Sicht. Es wurden keine neuen Daten erhoben. Ob sich durch dieses und ggf. weitere Urteile dieser Art die gesellschaftliche Sicht auf Impfungen ändern wird? Siehe dazu auch "Hintergrund: Warum wurde Guillian-Barré-Syndrom als Impfschaden nach Hepatitis-B-Impfung anerkannt" im Impfbrief vom Februar 2014 (http://impfbrief.de/index.php?nav=30&uunav=947). (HTR)

Letzte Änderung: 2017-06-23 10:01:11

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03.07.2017

Bundesrat berät Kita-Meldepflicht zu fehlenden Impfberatungen am 7. Juli

Am 7. Juli berät der Bundesrat über das "Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten". Darin ist auch die Meldepflicht von Kitas enthalten, falls Eltern nicht nachweisen, dass sie an der verpflichtenden Impfberatung teilnehmen.

Es ist Top 11 von insgesamt 110 Tagesordnungspunkten, davon 64 Gesetzesbeschlüsse, die auf der Tagesordnung vom 7. Juli 2017 stehen. Es handelt sich um die letzte Bundesratssitzung vor der Sommerpause und zugleich auch die vorletzte Sitzung vor der Bundestagswahl am 24. September. Viele Gesetzesvorhaben sollen bis dahin noch abgeschlossen werden. (HTR)

Letzte Änderung: 2017-07-03 10:46:10

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03.07.2017

STIKO kündigt Änderungen an

Die Ständige Impfkommission hat am 28. Juni 2017 kommende Änderungen in den STIKO-Empfehlungen angekündigt:

  • Die Hepatitis-A- und Hepatitis-B-Impfung wird ehrenamtlich Tätige empfohlen, für die ein Expositionsrisiko besteht, das mit dem von Personen mit beruflichem Expositionsrisiko vergleichbar ist.
  • Für die jährliche Influenza-Impfung von 2 bis 17-Jährigen mit entsprechender Indikation wird entweder die Anwendung des nasalen Lebendimpfstoffs (live attenuated influenza vaccine, LAIV) oder eines inaktivierten Impfstoffs (inactivated influenza vaccine, IIV) empfohlen. LAIV ist in der Altersgruppe 2 bis 6 Jahre nicht mehr bevorzugt anzuwenden.
  • Weiterhin keine Empfehlungen für den Herpes zoster (HZ)-Lebendimpfstoff für Personen ab 50 Jahren als Standardimpfung.

Die Empfehlungen gelten erst ab Veröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 34/2017.

(HTR)

Letzte Änderung: 2017-07-03 12:24:15

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07.08.2017

Influenzaviren aus Produktion in Abwasser gelangt

Wie die Stadt Dresden in einer Pressemitteilung am 2. August 2017 bekannt gab, wurde durch einen baulichen Fehler der Abwasserleitungen am GlaxoSmithKline-Standort Zirkusstraße 40 über mehrere Jahre so genanntes aktives Abwasser in das normale Netz der Stadtentwässerung Dresden eingeleitet. Dies bedeute, Abwasser aus zwei Reinigungsräumen, in dem sich aktive Influenza-Viren befanden, sei unmittelbar in die Kanalisation gelangt.

Nach Angaben des Unternehmens sei der falsche Anschluss zwischen 2001 und 2003 entstanden. Es hatte Selbstanzeige erstattet, nachdem durch neue Bauarbeiten die Fehlanschlüsse auffielen.

„Nach Einschätzung des Gesundheitsamtes bestand für die Bevölkerung von Dresden, auch für die unmittelbare Nachbarschaft des Unternehmens keine Gefahr sich mit den Influenza-Viren aus dem Abwasser anzustecken“, erklärt der Pressesprecher der Stadt, Kai Schulz. Unter anderem führte die Stadt die starke Verdünnung und die eingeschränkte Überlebensfähigkeit der Viren als Argumente an.

Einen ausführlichen Bericht dazu brachte auch die Süddeutsche Zeitung am  2. August 2017.

(HTR)

Kommentar

Deutschland ist ein international bedeutender Standort für die Impfstoffproduktion - und gleichzeitig dicht besiedelt. Zum Glück blieb die Sicherheitslücke diesmal ohne Folgen. In den Überwachungsdaten der Arbeitsgemeinschaft Influenza (https://influenza.rki.de/Default.aspx) sind in den betroffenen Jahren keine ungewöhnlich erhöhten Werte für Influenzaerkrankungen in Sachsen aufgetreten. Dies betrifft insbesondere die Zeiten außerhalb der Saison, wenn die Impfstoffproduktion stattfindet. Solche Sicherheitslücken sind inakzeptabel und müssen a) durch die überwachenden Institutionen und b) wesentlich früher entdeckt werden. Sich auf das Glück zu verlassen, ist keine Option. (HTR)

Letzte Änderung: 2017-08-07 10:48:58

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09.08.2017

Kombi-Tetanusimpfstoffe auch über BG abrechenbar

Der Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (DGUV) empfiehlt den Durchgangsärzten mit Schreiben vom 31.07.2017 zur Tetanus PEP die Verwendung von TdaP-Impfstoff, da es zunehmend Bezugsprobleme bei Tetanusmonoimpfstoffen gibt. HJS-B
Hier finden Sie das Dokument >>>

Kommentar

Diese Entscheidung war lange überfällig und wird endlich der öffentlichen Empfehlung gerecht, die in allen Fällen einer Impfindikation gegen Tetanus eine Kombiimpfung mit Diphtherie und Pertussis vorsieht. Medizinisch gesehen war die rein wirtschaftlich geprägte Vorgehensweise der Unfallversicherer nicht nachvollziehbar. Bleibt zu hoffen, dass GKV und BG aufeinander zugehen und die Patienten nicht länger die Bürokratie mit ihrer Gesundheit ausbaden müssen.(HJS-B)

Letzte Änderung: 2017-08-09 11:54:00

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24.08.2017

Laufende Rabattverträge für Krankenkassen bindend

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat sich gegen die Rechtsauffassung des Bundesgesundheitsministeriums gestellt. Wir berichteten  im Impfbrief vom 11. August über das entsprechende Eilverfahren. Jetzt ist auch im Hauptverfahren die Entscheidung gefallen:

  • Bestehende Exklusivverträge über Grippeimpfstoffe können von den Krankenkassen nicht wirksam gekündigt werden.
  • Dies gelte auch nach einer Gesetzesänderung im Jahre 2017, so das LSG.
  • Entgegen der Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums habe der Gesetzgeber den Eingriff in laufende Verträge NICHT geregelt, nur deren Verlängerung sei ausdrücklich ausgeschlossen worden.

In der offiziellen Pressemitteilung dazu heißt es: Das LSG hat seine Entscheidung auf das verfassungsrechtliche Institut der echten und unechten Rückwirkung, den Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Verhältnismäßigkeitsprinzip gestützt. Der Gesetzgeber habe keinen Eingriff in laufende Verträge geregelt, da er sich der Rückwirkungsproblematik bewusst gewesen sei und in den Gesetzesmaterialien lediglich ausgeführt habe:
„Bestehende Rabattverträge können nicht verlängert werden.“
Die gegenteilige Interpretation
des BMG sei rechtlich unerheblich, da sie nicht in das legislative Verfahren eingeflossen sei.

Zugrunde lag der Fall eines Hannoveraner Pharmaherstellers, der mit 11 Krankenkassen Rabattverträge über Grippeimpfstoffe für den nächsten und übernächsten Winter geschlossen hatte. Als Gegenleistung für den Rabatt verpflichteten sich die Kassen zur ausschließlichen Versorgung ihrer Versicherten mit den Medikamenten des Herstellers.
Möglich waren solche Exklusivverträge erst seit dem Jahr 2015 durch eine gesetzliche Neuregelung (§ 132e Abs. 2 SGB V), nach deren Grundgedanke der niedrigere Preis durch höheren Umsatz ausgeglichen werden sollte. Nachdem diese Norm jedoch durch den Gesetzgeber 2017 ersatzlos zurückgenommen wurde, kündigten die Kassen die Verträge mit dem Hersteller und schlossen neue Rabattverträge mit Apothekerverbänden. Nach ihrer Ansicht würde ab 2017 die Exklusivität aller Verträge entfallen; diese Auffassung habe auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in einem Rundschreiben vertreten.
Demgegenüber hat sich der Hersteller auf den Standpunkt gestellt, dass neues Recht nicht in alte Verträge eingreife. Die Angelegenheit sei eilbedürftig, da Impfstoffe saisonal produziert würden und nur begrenzt haltbar seien. Es drohe ein Schaden bis zu 1,8 Mio. €. Diese Auffassung hat das LSG im Ergebnis bestätigt.
Zu möglichen Schadensersatzansprüchen aufgrund der konkurrierenden Neuverträge mit den Apothekerverbänden hat sich das LSG mangels eigener Zuständigkeit nicht geäußert.

Auch ist ungeklärt, inwieweit die verordnenden Ärzte an dieses Urteil gebunden sind. Sie sind in den Rabattvertrag nicht involviert und die Verordnungsverpflichtung war nicht Bestandteil dieses Verfahrens. (HJS-B/HTR)

Letzte Änderung: 2017-08-24 10:57:32

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24.08.2017

Neue STIKO-Empfehlungen veröffentlicht

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) hat heute turnusgemäß die überarbeiteten Empfehlungen für 2017/18 veröffentlicht. Die wichtigste Änderungen:

  • Die Impfungen gegen Hepatitis A und B werden nun auch ausdrücklich für ehrenamtlich Tätige empfohlen, deren Risiko mit dem beruflich Exponierter vergleichbar ist. Zudem werden Männer, die Sex mit Männern haben, noch einmal ausdrücklich als Risikogruppe bei der Hepatitis-A-Impfung genannt.
  • Attenuierter Lebendimpfstoff gegen Influenza (LAIV) wird weiterhin nicht bevorzugt empfohlen, sondern nur noch als Alternative für Kinder im Alter zwischen 2 und 17 Jahren. Bei besonderen Umständen wie z.B. Gerinnungsstörungen oder Spritzenphobie sei LAIV jedoch zu präferieren.
  • Eine Auffrischimpfung gegen Tetanus bei geringfügigen, sauberen Wunden empfiehlt die STIKO nur noch dann, wenn seit der letzten Impfung mehr als zehn Jahre vergangen sind. Damit wurde die 2016 erfolgte Absenkung der Frist von zehn auf fünf Jahre rückgängig gemacht.
  • Eine Impfung gegen Herpes Zoster wird weiterhin nicht routinemäßig empfohlen. Begründet wird dies unter anderem damit, dass zwar die Wahrscheinlichkeit an HZ zu erkranken und die Schwere der Erkrankung mit dem Alter deutlich zunehmen, aber die Wirksamkeit der Impfung hingegen mit dem Alter abnimmt. Sie reiche von 70% bei den 50- bis 59-Jährigen über 41% bei den 70- bis 79-Jährigen bis zu weniger als 20% bei den ≥ 80-Jährigen. Die Schutzdauer der Impfung sei nur für wenige Jahre belegt.
  • Die Zeitabstände zur postexpositionellen Tollwutimpfung wurden präzisiert: Wegen der großen Variabilität der Inkubationszeit, zwischen < 10 Tagen und > 1 Jahr betragen, sei bei begründetem Verdacht eine Postexpositionsprophylaxe auch Wochen bis Monate nach Exposition noch sinnvoll.

Außerdem wurde der Abschnitt zur Impfaufklärung teilweise neu formuliert und ein allgemeiner Abschnitt zum Impfen bei Immundefizienz ist hinzugekommen. Detaillierte Anwendungshinweise für Impfungen bei Patienten mit Immundefizienz bzw. Immunsuppression sollen in vier gesonderten Publikationen im Bundesgesundheitsblatt bis Anfang 2018 erscheinen. (HTR)

Letzte Änderung: 2017-08-25 08:25:08

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07.11.2017

Berichtsband 5. Nationale Impfkonferenz online

Jetzt ist der Berichtsband der 5. Nationale Impfkonferenz online erschienen (10. und 11. Mai 2017, Oldenburg).

Neben dem Stand der Maserneliminierung wurde unter anderem auch über Aktivitäten rund um den Nationalen Impfplan berichtet. Interessant sind auch die Ergebnisse der vier Workshops. (HTR)


Letzte Änderung: 2017-11-07 15:36:13

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28.11.2017

Wie krank macht Aluminium wirklich?

Aluminiumsalze in Impfstoffen geben immer wieder Anlass zur Diskussion, insbesondere von impfskeptischer Seite. In einer aktuellen Untersuchung haben Klotz et al. (Arztebl Int 2017; 114: 653–9)  das Erkrankungsrisiko durch Aluminiumexposition neu bewertet. Im Fokus standen die Neurotoxizität sowie das Erkrankungsrisiko für Morbus Alzheimer und Brustkrebs.

Ein Zusammenhang zwischen Brustkrebs und Aluminium konnte nicht nachgewiesen werden. Jedoch treten neurotoxische Schäden tatsächlich bei weitaus geringeren Plasmakonzentrationen von Aluminium ein als bislang angenommen. Der Eintrag durch Impfstoffe liegt jedoch noch wesentlich unter diesem Wert. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) beginnt neue Forschungen zu diesen Fragen.

Wie viel Aluminium in den menschlichen Körper aufgenommen wird, hängt stark von der Eintrittspforte ab. Klotz et al. legten daher als einheitlichen Gradmesser für die Exposition nicht die Menge aufgenommenen Aluminiums, sondern die Aluminiumgehalte im Urin beziehungsweise im Blut zugrunde. Die Hintergrundbelastung der Allgemeinbevölkerung beträgt laut den vorläufigen Referenzwerten des Umweltbundesamtes <5 µg Aluminium pro Liter Serum und <15 µg/L Urin. Vor allem die berufliche Exposition, beispielsweise durch Aluminiumdämpfe beim Schweißen, führt zu Grenzwert überschreitenden, hohen Belastungen in Blut und Urin. Es resultieren Plasmakonzentrationen von 10-14 µg/L. In früheren Untersuchungen bei Dialysepatienten wurde eine Toxizitätsschwelle von circa 50 µg/L im Plasma angenommen. Allerdings zeigten Aluminiumschweißer in Längsschnittstudien über einen Zeitraum von 5 Jahren bereits erste subklinische psychologische Veränderungen bei medianen Aluminiumkonzentrationen am Schichtende von 13 µg/L im Plasma, erläuterten die Autoren.

Bei einmaliger Applikation eines in Europa zugelassenen Impfstoffes wird eine Aluminiumdosis von 0,1–0,8 mg aufgenommen. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hatte im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit September 2015 eine ausführlicher Sicherheitsbewertung von Aluminium in Impfstoffen veröffentlicht. Es kam zu dem Schluss, dass „kumulative Vergleichsberechnungen zeigen, dass die systemische Exposition durch die in Deutschland empfohlenen aluminiumhaltigen Impfungen in den ersten beiden Lebensjahren im Bereich der tolerierbaren Aufnahme durch die Nahrung liegt. Der Beitrag von Impfungen zur geschätzten lebenslangen Nettoakkumulation von Aluminium im Organismus ist im Vergleich zur kontinuierlichen Aufnahme von Aluminium aus anderen Quellen gering und vor dem Hintergrund des Nutzens der Impfungen als vertretbar einzustufen.“

Trotz dieser Einschätzung wird das PEI ein physiologiebasiertes Toxikokinetikmodell (PBTK-Modell) für die Beschreibung der Aluminiumexposition aus schwerlöslichen Aluminiumadjuvanzien beim Menschen entwickeln (Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 3/2017). Ein solches Modell soll das PEI in Zukunft bei der kontinuierlichen Beurteilung der Sicherheit Aluminium-adjuvantierter Arzneimittel inklusive Impfstoffen unterstützen. Die Ergebnisse aus den laufenden experimentellen Untersuchungen sowie der Modellentwicklung sind bis Mitte 2018 zu erwarten. (CF)

Letzte Änderung: 2017-11-28 12:29:08

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30.11.2017

STIKO: Quadrivalente Influenzaimpfstoffe ab Saison 2018/19 empfohlen

In einer Vorabinformation hat die Ständige Impfkommission jetzt bekannt gegeben, dass sie ihre Influenza-Impf­emp­fehlung präzisieren wird und zukünftig für die Impfung gegen saisonale Influenza einen quadri­valenten Influenza­impfstoff (QIV) mit aktueller, von der WHO (Welt­gesundheits­organi­sation) empfoh­lener Antigen­kombination, empfehlen wird.

Diese neue STIKO-Empfehlung wird zusammen mit der dazu­gehörigen wissen­schaft­lichen Begründung im Epi­demiologischen Bulletin 02/2018 veröffentlicht. Wie immer in solchen Fällen hat der Gemeinsame Bundes­ausschuss (G-BA) dann 3 Monaten Zeit, um über deren Inkraft­treten  - und somit auch über die Kostenerstattung durch die Krankenkassen - zu entscheiden.

Wenn der G-BA die STIKO-Empfehlung in dieSchutzimpfungs-Richtlinie übernimmt, wird ab der Saison 2018/19 mit QIV gegen Grippe geimpft – TIV sind dann nicht mehr State of the Art und dürfen dann von den Krankenkassen nicht mehr erstattet werden. Kommt eine Entscheidung des G-BA nicht innerhalb von 3 Monaten nach Veröffentlichung der Empfehlungen der STIKO zustande, dürfen die von der STIKO neu empfohlenen Schutzimpfungen solange zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden, bis die Richtlinie vorliegt. (HTR)

Letzte Änderung: 2017-11-30 12:21:46